Aufstocken und Weiterbauen

Bauen im Bestand hat eine lange Tradition und ist heute wichtiger denn je. Wie wir mit unseren Bestandsbauten umgehen, zählt in den kommenden Jahrzehnten zu den größten Herausforderungen unserer Branche und hat höchste Relevanz für den Klimaschutz. Mehr noch als deren Betrieb ist die versteckte, graue Energie und die Betrachtung über den gesamten Lebenszyklus ausschlaggebend für deren Bilanz.

Das nachhaltigste Gebäude ist deshalb jenes, das schon da ist. Das Um- und Weiterbauen stellt für Architekt:innen und alle Planungsbeteiligten eine spannende Herausforderung dar, die viel Kreativität und Flexibilität fordert.

Noch immer wird viel zu viel

intakte Bausubstanz vernichtet

und durch Neubau ersetzt.

Versäumte Chancen

Weltweit wird in Städten nach Möglichkeiten gesucht, der schnell wachsenden Stadtbevölkerung genügend Raum zur Verfügung zu stellen. Um den Bedarf zu decken, muss die jeweilige Stadt- und Gemeindeplanung auch den vorhandenen Gebäudebestand als Grundlage für neue Entwicklungen aktivieren. Das Thema der Siedlungsverdichtung ist unmittelbar mit Energie- und Ressourcenfragen verbunden. Zirkuläres Bauen ist in aller Munde und das ist gut so. Dennoch wird noch immer viel zu viel intakte Bausubstanz vernichtet und durch Neubau ersetzt. Trotz unseres reichhaltigen Gebäudebestandes warten wir mit Reparaturen bisweilen zu lange und versäumen so die Chance, Bestehendes für die Zukunft unserer Baukultur neu zu positionieren. Dies gilt für die Funktion, die Struktur, die Systeme und die Ästhetik eines Gebäudes. Beim Musik & Kongresszentrum Straßburg haben wir diese Chance erfolgreich genutzt.

Das gesamte Obergeschoss des Wirtschaftsgebäudes mit dem restaurierten, freigelegten Dachstuhl dient nun als zentrale Meditationshalle (Gompa).
Gut Hochreute, Immenstadt © David Matthiessen

Lebenszyklus und Leichtbau als Teil der Lösung

Ein Aspekt der Lösung kann darin bestehen, neue Wege zu finden, Veränderungen systematischer über die Lebensdauer des Gebäudes einzuführen und es durch Ertüchtigung neuen Anforderungen gerecht zu machen wie z.B. beim ehemaligen Gut Hochreute. Denn gerade in Zeiten der zunehmenden Bodenverknappung bedeutet Bauen im Bestand nicht nur, Gebäude zu modernisieren oder aufzustocken. Es bedeutet auch, sinnvolle Umnutzungen zu entwickeln. Die Geschichte, die Herkunft und die besonderen Merkmale bestehender Gebäude können dann am besten gewürdigt werden, wenn wir sicherstellen, dass ihre weitere Nutzung sowohl den heutigen Funktionen als auch den Erwartungen von morgen gerecht wird. So wurde z.B. aus einem denkmalgeschützten Bauernhaus das Angelika Kauffmann Museum. Weiters ist die Rückbaufähigkeit eines Bestandsgebäudes richtig einzuschätzen. Wir müssen von Fall zu Fall beurteilen, ob eine Nutzungsverlängerung Sinn macht oder gegebenenfalls ein Rückbau möglich ist.

Für die Klimabilanz besonders ins Gewicht fällt, wenn es uns gelingt, die bestehende Tragstruktur weiterzuverwenden; eine leichte Bauweise und das Bauen und Ergänzen mit Holz leisten dabei einen wichtigen Beitrag. Ein Erweiterungsbau in Holzrahmenbauweise kann eine schnelle, nachhaltige und kostengünstige Lösung sein. Untersuchungen zeigen, dass etwa ein Viertel der bestehenden Gebäude stark genug wären, zusätzliche Stockwerke aus Holz zu tragen. Außerdem ist Holz als Leichtbau in Kombination mit einem hohen Vorfertigungsgrad prädestiniert für innerstädtische Baustellen, die nach kurzen Bauzeiten und nach möglichst wenig Belastung verlangen. Diese Vorteile haben wir bereits 2006 beim Dachaufbau Flachgasse in Wien erfolgreich umgesetzt.

Voller Überraschungen

Ob Umnutzen, Weiterbauen, Aufstocken, Umbauen oder Sanieren – seit den Anfängen unserer Bürogeschichte haben wir auf diesem Gebiet viel Erfahrung gesammelt. Für alle aktuellen und zukünftigen Projekte ist dies eine wertvolle Ressource. Trotzdem bleiben derartige Bauaufgaben immer spannend, denn Bauen im Bestand steckt voller Überraschungen. Und mit jedem Projekt bietet sich – unabhängig von dessen Größe und Gewichtung – eine Gelegenheit immer wieder neu: soziokulturelle und ökologische Werte zu reflektieren, zu unterstreichen und zu fördern.

Text: Barbara Fontana, Februar 2024

Holz in die Stadt

Die Rückkehr des Baumaterials Holz in den städtischen Raum ist mittlerweile auf fast allen Ebenen angekommen. Viele Argumente sprechen für seinen Einsatz, und so konnte es sich im urbanen Umfeld wieder etablieren – auch über die Hochhausgrenze hinaus. In Städten weltweit entstanden in den letzten Jahren Tragstrukturen aus Holz. Die dabei gemachten positiven Erfahrungen machen Mut. Und so setzen auch Investoren vermehrt auf diesen nachwachsenden Baustoff.

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Bedeutung von Ort und Handwerk

Die Region Vorarlberg und der Bregenzerwald prägen die Identität von Dietrich Untertrifaller. Jedes Projekt, das wir ins Leben rufen, trägt ein Stück dieser Identität in sich. Eine wesentliche Rolle spielt dabei das Handwerk – nicht nur im Sinne von Fähigkeiten und Qualitäten, sondern im Sinne von Haltung und Wertschätzung gegenüber dem Kontext, den Ressourcen und der Zusammenarbeit.

In dieser Hinsicht symbolisiert Vorarlberg weit mehr als nur den Anfang unserer Geschichte. Vorarlberg ist auch eine Art Laborschule für uns. Jeder ist das Produkt seines Umfeldes. Man befruchtet sich gegenseitig durch den respektvollen Umgang, durch das gemeinsame Gespräch und den Austausch auf Augenhöhe. Der darin liegende Anspruch an sich und andere ist eine Konstante in unserer Architektur und Gesinnung.

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Angelika Kauffmann Museum, Schwarzenberg (AT)
Bauen im Bestand, Denkmalschutz, Holzbau

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Waldorf-Schule, Wien-Mauer (AT)
Neubau, Bauen im Bestand, Holzbau, Zirkuläres Bauen

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Volksschule Christian-Bucher-Gasse, Wien (AT)
Neubau, Bauen im Bestand, Sanierung, Holzbau

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