Lycée Tani Malandi, Mayotte (FR)
Neubau

Auftraggeber: Ministère de l’Éducation Nationale, de l’Enseignement Supérieur, de la Recherche et de l’Innovation, Rectorat de Mayotte
Standort: Chirongui, Mayotte
Architektur: Dietrich Untertrifaller mit Fabienne Bulle Architecte et Associés und Endemik Mayotte
Bauzeit: 2024 – 2026
Fläche: 23.300 m²
Programm: Berufsschule, Verwaltung und Mehrzwecksaal, Bibliothek und Freizeiteinrichtungen, Unterrichtsräume, Sportanlagen, Schulrestaurant mit Küche, Internat für 2.056 Schüler

Visualisierung: Jeudi Wang

Team
Rebecca Burjack, Mathieu Chatagnier, Laure Finck, Lucas Gaudinet, Ivana Hurstel, Margeaux Kleindienst, Claire Leroy (Projektleitung), Lisa Mathoul, Cristiana Munteanu, Barbara Penhouët, Giulia Settimi, Federico Silvestri, Christoph Teuschl

Text: Gerlinde Jüttner

Fachplanung
Statik, Haustechnik, Elektrik: Ingerop Conseil et Ingenierie
Bauphysik: Le Sommer Environnement, Paris
Landschaft: Uni Vert Durable, Piton Saint-Leu, Réunion
Akustik: Aida Acoustique, Paris
OPC: Oteis Mayotte, Mamoudzou
BIM Manager: Atelier Juno
Kosten: Alize Conseil 

Lehm, Holz, Bambus, Basalt

Eine Schule in Mayotte zu bauen heißt, sich mit vielen Fragen auf mehreren Ebenen ganz anders als hier in Europa auseinanderzusetzen – im pädagogischen, aber auch im sozioökonomischen und ökologischen Sinn. Deshalb haben wir uns entschlossen, das Know-how österreichischer und französischer Architekt:innen und unserer lokalen Partner in Mayotte für den Neubau des Lycée Tani Malandi zu vereinen.

Das Großprojekt mit Platz für über 2.000 Schüler:innen umfasst neben den Unterrichtsräumen auch Sportanlagen, ein Schulrestaurant mit Küche und ein Internat. Die fließende Verbindung dieser Funktionen schafft einen inspirierenden Raum zum Arbeiten, Essen, Schlafen und Entspannen. Lokale Materialien wie Bambus, Holz, Lehm und Basalt binden die Schule in die Kultur und Natur der Insel ein.

Die einzelnen Funktionen der Schule sind auf mehrere Häuser unterschiedlicher Größe aufgeteilt, die fast parallel zueinander und der Höhe nach gestaffelt auf dem flachen Hügel angeordnet sind. Der Kalkputz auf dem Giebel der Turnhalle und der Schule verweist auf den Namen des Gymnasiums: “Tani Malandi” heißt der weiße Lehm aus den umliegenden Höhlen, der bei Hochzeiten oder rituellen Zeremonien zum Schminken verwendet wird.

Das Bildungsdorf

Unten an der Hauptstraße liegt das größte und höchste Gebäude mit Haupteingang, Berufsschule, Verwaltung und Mehrzwecksaal. Von der Grundstücksgrenze zurückgesetzt, schirmt der große Quader die Schule vor dem Verkehr der stark befahrenen Nationalstraße ab und schafft Raum für Parkplätze.

Dahinter steht ein kleines Haus mit Bibliothek und Freizeiteinrichtungen. Die Unterrichtsräume befinden sich in drei langgezogenen, leicht geknickten Bauten. Zuletzt folgen das Internat und ein kleines Personalwohnhaus, die von der ruhigen Waldrandlage profitieren. Auf der Ostseite, leicht abgerückt vom Ensemble, formt die kompakte Turnhalle einen weiteren Puffer gegen den Verkehrsknotenpunkt.

Eine lange Nord-Süd-Galerie verbindet alle Einheiten vom Eingang bis zum Internat und erleichtert die Bewegungsabläufe. Sie bildet das Rückgrat, an dem die einzelnen Elemente aufgereiht sind – eine funktionale Erschließung, aber auch ein Ort des sozialen Austausches und der Geselligkeit. Gehwege, Höfe, Holzterrassen, Stufen und Rampen schaffen fließende, überdachte und schattige Außenbereiche, in denen sich die Schüler:innen ungehindert bewegen und aufhalten können.

Die kleine Komoreninsel Mayotte nördlich von Madagaskar gehört zu Frankreich und ist auch Teil der EU. Von den ca. 180.000 Einwohnern ist mehr als die Hälfte jünger als 20 Jahre. Wegen des starken Bevölkerungswachstums und dadurch steigenden Schülerzahlen musste das veraltete provisorische Mehrzweckgymnasium durch neue Gebäude ersetzt werden.

Die Architektur entspricht den Anforderungen und Zielen einer staatlichen Schule, berücksichtigt aber auch die spezifischen Bedürfnisse der jungen Mahoraner:innen. Die Jugendlichen und jungen Erwachsenen brauchen einen Rahmen, der ihre Bildung und Berufsausbildung fördert, aber auch mit ihrer kulturellen Tradition und vertrauten Umgebung verbunden ist.

Mit Bambus bauen

Lehm, Holz, Bambus, Basalt – diese hier allgegenwärtigen natürlichen Materialien betonen die enge Beziehung zwischen der Schule und ihrer Umgebung, zwischen Natur und Architektur. Bambusfassaden erinnern an die geflochtenen Zäune der Mahoran-Häuser. Weit auskragende Dächer und lange Laubengänge vor den Klassenräumen sind inspiriert von den Veranden traditioneller Wohnhäuser.

Wo Eiche, Buche oder Ahorn rund 100 Jahre brauchen, bis sie gefällt werden können, ist das bei Bambus bereits nach drei bis fünf Jahren der Fall. Im Unterschied zu Holz sind Bambusfasern konsequent vertikal angeordnet. Das bewirkt eine enorme Elastizität, Stabilität und Belastbarkeit. Traditionell wurden die Rohre mit Seilen oder Bändern miteinander verbunden, mittlerweile werden auch modernere Verbindungssysteme verwendet.

Lageplan
Grundriss E0
Ansicht

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