Volksschule Edlach, Dornbirn, © Kurt Hoerbst

Raum für die Erwachsenen von morgen

Wie gestalten wir die Gesellschaft der Zukunft? Wie schaffen wir Orte, an denen unsere Kinder lernen und sich entfalten können?

Das Schulsystem, in dem wir aufwachsen, ist von großer Bedeutung. Es prägt uns persönlich, formt uns als Menschen und formt so die Gesellschaft selbst. Ein gutes Schulsystem kann darüber hinaus dazu beitragen, Bildungschancen für alle zu bieten und soziale Unterschiede auszugleichen.

"Bildung ist die

mächtigste Waffe,

um die Welt zu

verändern."

Nelson Mandela

Neue Lernlandschaften

Die pädagogischen Konzepte haben sich im Laufe der Jahre erheblich geändert. Schulen sind heute idealerweise geprägt von spielerischem Lernen, Bewegung und Lernlandschaften mit verschiedenen Funktionen. Als Architekt:innen haben wir die Möglichkeit, den Alltag der heutigen Schülergeneration positiv zu beeinflussen.

Unsere Gebäude sind dahingehend konzipiert, eine Atmosphäre zu schaffen, die sowohl stimulierend als auch beruhigend wirkt; eine Atmosphäre, die all unsere Sinne anregt. Erreichen wollen wir das insbesondere durch

  • einen hohen Anteil natürlichen Lichts

  • die Einbindung der Umgebung und der Natur

  • eine sorgfältige Auswahl der Materialien und

  • die richtige Balance zwischen Räumen für Interaktion, Konzentration und Rückzug.

Eine gelungene Umsetzung dieser Ideen macht aus einem Schulgebäude mehr als nur einen physischen Lernraum. Sie werden zu Zentren der Kreativität, der Inspiration und des gesellschaftlichen Engagements.

© Dietrich Untertrifaller

Bildung formt Gesellschaft

Wenn wir über die Gesellschaft der Zukunft sprechen, eine gemeinsame Stadt, gemeinsame Räume, dann sprechen wir über die Individuen, die Teil dieser Gesellschaft der Zukunft sind. Und wir sprechen über die Erwachsenen von morgen, die Jugend von heute.

Die Biennale in Pisa 2023 lief unter dem Namen „La cittá condivisa. L’architettura per un nuovo equilibrio sociale“ („Die gemeinsame Stadt. Architektur für ein neues soziales Gleichgewicht“). Mit unserem Beitrag zum Thema Schulbau unter dem Titel „atmosfere per gli adulti di domani“ („Atmosphären für die Erwachsenen von morgen“) konnten wir uns neben Snøhetta, Renzo Piano und vielen anderen des Themas der Gesellschaft von morgen annehmen.

Mit einer Bildauswahl aus unterschiedlichen Projekten zeigten wir einen Querschnitt unserer Bildungsbauten, um die oben vorgestellten Aspekte zu verdeutlichen und herauszuarbeiten. Wir versuchten, unsere Antworten auf die Frage zu geben, wie eine Umgebung aussehen könnte, die dem Lernen und der Konzentration, aber auch der Entspannung und dem Zusammenleben förderlich ist; eine Umgebung, in der sich die Erwachsenen von morgen geistig, emotional und sozial entfalten können.

Kommunikative Erschließung im Lycée Tani Malandi
© Jeudi Wang

... und das überall

Das Thema Schulbau hat uns bis nach Mayotte geführt: Die besondere Lage des französischen Übersee-Departments, älteste Vulkaninsel der Komoren und seit 2014 Teil der EU, brachte natürlich ganz neue Herausforderungen in Bezug auf Klima, Kultur und Demographie mit sich. Vor Ort durften wir die traditionellen Baumaterialien und Bauweisen kennen lernen und testen. Das Lycée Tani Malandi bietet Platz für 2.000 junge Mahoraner:innen und soll ein Ort für Geselligkeit und Inspiration werden.

Viel Holz und Tageslicht sind die Essenz unserer Schule im Norden der Bretagne. Das 2018 eröffnete Collège in Lamballe war unser dritter Schulbau in Frankreich. Strenge Raumvorgaben gaben uns wenig Spielraum für alternative Lernflächen. Umso wichtiger war es, die Schule so hell wie möglich zu gestalten. Dies gelang uns einerseits durch das gebäudehohe Atrium, das visuell alle Ebenen verbindet. Andererseits sorgen die verglaste Fassade und das Glasdach, das sich über das ganze Gebäude erstreckt, für Tageslicht in jedem Winkel der Schule. In einem Vorher-Nachher-Vergleich loben die Schüler:Innen besonders die hellen Räume, die das alltägliche Schulleben erleichtern.

Und was sagen die Schüler:innen?

Was passiert, wenn ein Schulbau fertig ist und die Schüler:innen ihn sich zu eigen machen? Wie kommen unsere Gebäude an? Wir haben unsere jüngsten Nutzer:innen dazu befragt, unter anderem auch die Schüler:Innen der Volksschule Höchst in Vorarlberg. Ein Fazit von vielen: Holz steht auch bei der jungen Generation hoch im Kurs. Großzügige Außenräume und Platz für Bewegung sind fast allen wichtig. Und was Spiel- und Fußballplätze betrifft, "davon könnte es nie genug geben ...".

Text: Barbara Fontana, Jänner 2024

Nutzerperspektive Lernwelten

In unserer Gesprächsreihe Nutzerperspektiven besuchen wir einige unserer Projekte und begegnen unseren Nutzer:innen in einem offenen Austausch, mit Blickwinkeln von der anderen Seite. Für uns war es eine Gelegenheit, Erkenntnisse aus ihrem Alltag zu gewinnen und Fragen auf den Grund zu gehen: Was hat sich bewährt und was würden wir heute anders machen? Welche Emotionen löst ein Raum aus? Wie wohl fühlen sich die Menschen in unseren Gebäuden? Was gefällt ihnen, was würden sie sich noch zusätzlich wünschen? Wir haben uns vor Ort begeben und lassen in diesem Format die Nutzer:innen zu Wort kommen.

Diese Reihe führt uns auch zu einem Ort, den wir alle kennen: die Schule. Weit mehr als ein Ort des Lernens ist sie Ort für sozialen Austausch und Wertebildung und spiegelt in gewisser Form unsere Gesellschaft wider. Kaum ein Gebäude verbindet Gemeinschaft und gebaute Umwelt so prägnant wie eine Schule. In unserem Gespräch mit der Volksschule Edlach in Dornbirn erzählen Lehrpersonal und Schüler:innen von ihrem Schulalltag und geben uns einen Einblick, wie sie ihre gebaute Umwelt wahrnehmen.

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Von der sozialen Verantwortung und warum wir Kommunikationsorte brauchen

Haben wir als Architekturschaffende eigentlich eine soziale Verantwortung? Und nehmen wir sie wahr? Wenn wir uns mit einer Bauaufgabe beschäftigen, sind wir zunächst mit dem "Wie?“ konfrontiert: Wie schaffe ich es, eine gewisse Anzahl von Menschen in einem vorgegebenen Raum unterzubringen? Bei dieser Frage handeln wir weder ethisch noch kommen wir einer gesellschaftlichen Verantwortung nach. Erst bei den Fragen "Für wen?“ "Was können wir verändern?“ nehmen wir die Perspektive der Nutzer:innen ein und denken über moralische Prinzipien nach.

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Rudolf Steiner-Schule, Wien (AT)
Construction neuve, Continuer à bâtir

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Collège Simone-Veil, Lamballe (FR)
Construction neuve

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Lycée Tani Malandi, Mayotte (FR)
Construction neuve

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